Caro
Thomas
Dezember 10, 2019
10 min read
El Capitan - East Buttress mit Hindernissen
Auch die leichteste Route am legendären El Cap kann zu einem großem Abenteuer werden... ;)
Zum Abschluss im Valley wollen wir noch ne größere Tour klettern. An Möglichkeiten soll es mal wieder nicht scheitern. Wir schwanken zwischen zwei Klassikern: East Buttress am El Cap und Snake Dike am Half Dome - den "richtigen" Gipfel oder die anspruchsvollere Tour?
Die beiden Touren im direkten Vergleich:
Snake Dike: 4-6h zum Einstieg, 8 SL, 5.7, überwiegend Platten
East Buttress: 1h zum Einstieg, 9-11 SL, 5.10b, volle Abwechslung
Die reinen Zahlen lassen bereits die Entscheidung erahnen. Zusätzlich meint der Thomas sich zu erinnern, dass sein Kumpel Max die East Buttress als eine seiner besten Touren überhaupt beschrieben hätte. Es geht also an den El Cap!
Vorbereitung#
Die Frage nach dem Material erübrigt sich - wie immer alles, was wir dabei haben! Das macht einen Satz Friends von #0.3 bis #4 mit triple #0.5 sowie double #1 und #2. Doch welches Seil? Halbseile oder das dünne Einfachseil (auch 60m) mit dem wir all die letzten Mehrseillängen geklettert sind? Die Halbseile würden uns einen schnelleren Rückzug (im Fall der Fälle) ermöglichen. Das Einfachseil ist schöner im Handling und spart Gewicht. Wir entscheiden uns für das Einfachseil...
Natürlich wird auch bissl Brotzeit eingepackt und sogar zwei Topos auf dem Thomas sein Handy geladen. Die haben wir zum Glück mal wieder for free online gefunden.
Unser Abenteuer East Buttress#
Der Wecker klingelt um kurz nach 6 (überraschenderweise - den hat der Thomas kurz vorm Einschlafen nochmal vorgestellt, um eine weitere Stunde) - eine Vorahnung? Wir haben noch 2 alte Bananen aus dem Valley Store, also gibt's ein schnelles+kleines Müsli zum Frühstück. Wir parken an der Picknick-Area vom El Cap. Letzter Check - alles dabei?
Los geht's um 8 Uhr - Wir finden den richtigen Zustieg erstaunlich schnell heute morgen. Noch ist es recht kalt, aber die legendäre Dawn Wall und auch die Ostflanke werden bereits von der Sonne erwärmt. Wir laufen direkt auf den Zodiac Wandteil zu, wo schon gut was los ist. Ein Portaledge auf halber Höhe, eine Seilschaft im unteren Teil und eine weitere jümmart gerade die ersten Seillängen nach oben. Für uns geht's noch ein paar Meter weiter zu Fuß hoch.
Um 9 Uhr sind wir am Einstieg. Den zu finden ist nicht allzu schwer. In einem kleinen Waldstück stehen wir unter einem großen Kamin. Weiter nach rechts wäre es eh nicht gegangen, dort geht es senkrecht nach unten.
Seillänge 1 und 2#
Der Thomas hat es schon etwas eillig. Die ersten beiden Längen sind die anspruchsvollsten und er möchte, dass wir die schnell hinter uns kriegen. Für den Start steht eine 5.8-Kaminkletterei auf dem Programm, welche (noch) gut absicherbar sein soll.
Gleich mal eine schöne Schinderei zum Warmup. Ein Kamin ist eben ein Kamin und meistens eher weniger Spass. Die Caro hängt im Nachstieg direkt den Rucksack nach unten und schiebt sich schnellstmöglich hoch zum Standplatz. Die nominell schwierigste Seillänge ist die Zweite. Ein 5.10b-Move direkt am Start. Hier steht man richtig schlecht und muss einen mäßig guten Griff anheppen. Das funktioniert noch ganz gut, doch was danach kommt, sind wir bisher auch noch nicht geklettert. Eine Art "bauchiger" Riss - nicht gerade steil, aber irgendwie kommt man nicht so richtig rein. Zum Glück perfekt zum Absichern, denn gefühlt hat man vor allem am Anfang nur schlechte Aufleger in der Hand. Doch die Aussicht belohnt bereits jetzt für die ersten Anstrengungen!
Im Nachstieg packt die Caro in die Technik-Trickkiste und schiebt unseren einzigen grünen Friend schön mit nach oben und beseitigt so einfach die Problematik der fehlenden Griffe. :) Der entspannte Standplatz unter einem Baum kommt da gerade recht. Mittlerweile wird es ganz schön warm in der Wand. Immer wieder schweifen unsere Blicke hinter ins Tal mit driektem Blick auf den Half Dome und natürlich die Nose.
Seillänge 3 und 4 + 5#
Die Caro startet in die nächste Seillänge. Direkt über'm Stand wartet noch ein schwerer Riss (im Topo 5.8+) bevor es in eine Wandkletterei geht. Diese kann nur spärlich abgesichert werden doch liegt uns von der Kletterei her besser und gestaltet sich daher als keine zu große Herausforderung.
Im Topo ist ein Baum auf einer Ledge als Standplatz eingezeichnet. Den finden wir, doch leider steht dieser wohl schon ein paar Jahre nicht mehr und fault vor sich hin. Also müssen die verbleibenden mobilen Sicherungen irgendwo platziert werden.
Wir schauen wieder nach oben und vergleichen mal wieder die unterschiedlichen Topos. Es müsste in einen Gully nach links gehen, doch wir sehen eigentlich nur eine sehr weite Verschneidung. Naja, schauen wir uns das mal an... Doch gerade als es weitergehen soll, passiert worüber man sich in der Wand am meisten ärgert: uns fällt was runter!
Und es kommt noch härter, denn heute fliegt nicht einfach ein Schnapper, ein Tuber oder eine Jacke runter (ja vor allem dem Thomas passiert sowas leider öfter...) - Thomas IPhone verabschiedet sich von uns und fliegt in hohem Bogen nach unten. Wir sehen noch den ersten Aufprall, der es in mehrere Teile zerschellen lässt. Dann verschwindet es... Was nun?
Nachdem die erste Aufregung verflogen ist, überliegen wir, wie es weitergehen soll: Tour abbrechen und Handy suchen? Ohne Handy und damit ja auch ohne Topo weiter?
Ohne Topo weitergehen? Oder lieber doch nicht?#
Es sind noch ein paar Seillängen zu klettern und ohne Bohrhaken ist es manchmal garnicht so leicht den richtigen Weg durch den Fels zu finden. Zum Glück hatten wir uns das Topo nochmal genau angeschaut und auch am Fels sind immer wieder Chalk-/ Gummispuren zu sehen. Doch was ist mit dem Abstieg? Dort hieß es, wer ihn zum ersten Mal macht, sollte das auf jeden Fall im Hellen machen. Klingt auch nicht gerade trivial...
Allerdings wieder runter mit dem einen Seil ist auch nicht so leicht und das Handy werden wir wohl eh nicht mehr wieder finden. Hin oder her - Wir klettern weiter. Die Tour wollen wir uns dadurch nicht nehmen lassen.
Also geht es weiter in den "Gully" und Thomas geht an einem alten Bohrhakenstand vorbei, bis das Seil komplett ausgeklettert ist. Ein paar Meter müssten es noch bis zum nächsten Stand sein und so kommt Caro im Gehgelände noch die fehlenden Meter nach. Es geht noch über ein kleines Dach und kurz darauf ist der nächste Standplatz erreicht.
Seillänge 6 und 7#
Noch zwei weitere Seillängen bevor es wieder leichter wird. Soweit haben wir das Topo noch im Kopf. Über einen anstrengenden Riss geht es leicht nach links, wieder an einem Standplatz vorbei. Weiter oben sieht der Thomas schon wieder einen Kamin auf uns warten. Dieser ist am Anfang noch recht leicht, wird dann aber immer steiler und bald hängen wir nur noch an kleinen Leisten in der linken Wand. Die Nerven werden zum Glück durch den 4er Friend beruhigt. "Ein Glück haben wir den mitgenommen!". Noch eine kleine Traverse nach links und ein weiterer Standplatz aus 3 Schlaghaken ist erreicht. Ziemlich unbequem, besser ist es doch bereits vorher Stand zu machen und diesen auszulassen. Anyway - jetzt hängen wir hier und es soll endlich leichter werden.
Seillänge 8 und 9#
Die etwas leichtere Wandkletterei bringt uns zum nächsten Standplatz und wir können etwas verschnaufen. Doch wo geht's weiter? Links schaut es recht steil aus, rechts eine Schuppe, aber dann? Wir erinnern uns an eine Traverse, die im Topo recht markant nach rechts gehend eingezeichnet war und entscheiden uns für rechts. Dort geht es tatsächlich weiter oder besser gesagt nach unten. Dieser Abschnitt war vom Stand aus nicht zu sehen und wird mit gut Luft unter'm Hintern ein paar Meter abgeklettert. Dann quert die Route weiter nach rechts, bevor es ein Riss wieder nach oben führt. Das Ganze wieder mit Blick auf den Half Dome, welchen in diesem Moment wohl nur der Sicherer genießen kann.
Der Standplatz, bestehend aus einem riesigen Schlaghaken, wird mit einem 2er Friend verstärkt und wieder geht der Blick nach oben.
Seillänge 10 und 10,5#
Wieviele Seillängen waren es jetzt noch? Wir wissen es nicht genau, doch zum Glück weisen uns die vielen Chalkspuren weiter den Weg. Weit kann es nicht mehr sein und der Thomas geht wieder das komplette Seil aus. "Ich seh schon die Bäume, doch ein paar Meter sind's noch!" - Ich baue einen Zwischenstand an einem letzten Riss und Caro klettert ein paar Meter weiter, bevor sie wieder gut steht.
Jetzt sollte es bis oben reichen und schon bald ist tatsächlich der Top erreicht. Wir sitzen an der Kante vom El Cap und freuen uns, dass doch noch alles geklappt hat. Alles? Wie war das mit dem Berg, der dir erst gehört, wenn du wieder unten bist?
Wir kramen Caro's Handy aus den Tiefen des Rucksacks und schauen auf die Uhr. 15:45 - Knappe 2 Stunden sollten wir noch haben bis es finster ist. Also doch noch eine schnelle Brotzeit und ab nach unten. Wir sehen noch ein paar Kletterer beim Abstieg. Die erste Richtung ist also vorgegeben.
Abstieg#
Ein paar Steinmänner weißen uns den Weg in eine große Rinne, die wir komplett nach links gehen. Hier haben wir die Anderen noch gesehen. Dann wird es etwas unübersichtlicher, doch nach kurzer Zeit finden wir die Fixseile, an denen abgeseilt werden kann.
Von unten kommen sogar noch zwei mit Steigklemmen nach oben. Der Thomas sieht erst nur eine Isomatte an einem großen Rucksack - "Kommen jetzt schon Wanderer hier nach oben?!" - weiter hinten dann den großen Haulbag. Dieser und die trainierten Oberarme, die sich an den Seilen nach oben arbeiten, lassen nicht mehr vermuten, dass das Wanderer sein sollen.
Mit einem fröhlichen "Servus!" begrüßen wir die beiden, als wir sie erkennen: Babsi Zangerl und Jacopo Larcher machen sich auf den Weg die Nose frei, d.h. ohne technische Hilfmittel zu erklettern. Dazu wollen sie die oberen, schweren Seillängen zunächst eben von oben "auschecken". Das Ganze ist den beiden auch später geglückt - Glückwunsch dazu!
Babsi und Jacobo haben dazu nochmal 6 volle Tage benötig und sich die 8. und 9. freie Begehung gesichert. Babsi ist somit nach Lynn Hill und Beth Rodden die dritte Frau, der diese Kletter-Meisterleistung gelang.
Wir seilen weiter ab und kommen bald im unteren Waldstück an. Es wird langsam dunkel und mit dem letzten Tageslicht kommen wir wieder am Bus an. Jetzt noch was essen und dann ab ins Bett. Abenteuer gut überstanden :)